Für eine Kultur der Heimkehr

Liebe zeitkritische Geister in kritischer Zeit.

Ich möchte immer wieder ein Thema ansprechen, welches mir sehr am Herzen liegt. Dabei bilde ich mir nicht ein, den Stein der Weisen gefunden zu haben oder durch meine Briefe die Flüchtlingsproblematik lösen zu können. Vielmehr möchte ich anregen, nicht nur von einer zunächst wichtigen „Willkommenskultur“ zu sprechen sondern später auch von einer „Kultur des Abschieds und der Heimkehr“. In meinem Blog www.schalom44.de hatte ich am 15.02.2017 unter dem Titel „Abschiebung oder Heimreise“ bereits darüber nachgedacht. Ich möchte dieses Thema nun ergänzen.

Immer wieder muss ich an Mohammed Ayed denken. Er ist Imam an der Al-Aqsa-Moschee auf dem Tempelberg in Jerusalem. Für Muslime ist diese Moschee die drittwichtigste Moschee nach der Al-Haram-Moschee in Mekka und der Prophetenmoschee mit dem Grab Mohammeds in Medina. In einer Freitagspredigt Ende Oktober 2015 warf er erregt und vorwurfsvoll den westlichen Staaten „geheuchelte Moral“ vor. Flüchtlinge würden nicht aus Mitgefühl und Nächstenliebe aufgenommen sondern vielmehr „wegen wirtschaftlicher Zwänge und wegen des Bedarfs an menschlichem Nachschub in den Fabriken“. Ich nehme den Vorwurf der „geheuchelten Moral“ auf und denke ihn weiter. Nicht um gebrauchte Fabrikarbeiter geht es in meinem folgenden Beispiel.

Jeder erinnert sich an Ärzte, welche mit blutverschmierten Kitteln in den halb zerstörten Kliniken Aleppos ihre Pflicht erfüllen. Fragten sie bei weltweit ausgestrahlten Interviews nicht auch schweigend nach ihren Kollegen, die nach Deutschland geflüchtet waren? Freuen sich möglicherweise Kommunalpolitiker und Ärzteorganisationen über geflüchtete Ärzte, welche nach entsprechender Fortbildung den Ärztemangel in Deutschland ausgleichen könnten? Locken Ärzteorganisationen möglicherweise mit großzügiger Finanzierungshilfe für einen Neubeginn in Deutschland?

Mit politisch korrekter und egoistischer Freude begrüßen staatliche, kirchliche und private Träger von Einrichtungen der Altenpflege die Idee, junge Flüchtlingsfrauen in der Pflege alter Menschen auszubilden, da ja bei uns ein Mangel an Pflegekräften bestünde. Ist es uns nicht egal, wer sich nun in ihrer Heimat um die Alten und vielfach Pflegebedürftigen kümmert? Sind es nicht wieder deutsche Ordensschwestern wie z.B Schwester Hatune Dogan, welche mit ihren Teams vor Ort tätig werden? Müssen wir nicht zugeben, dass die Zurückgelassenen auch Opfer deutscher Interessen sind? Fragt etwa ein Gutmensch mit einem Willkommensplakat in der Hand einen Flüchtling nach seiner alten Mutter oder seinem kranken oder sterbenden Großvater, den er zurückgelassen hat?

Ich habe nur diese Beispiele aus dem medizinischen und pflegerischen Bereich genannt. Jede Berufsgruppe vom Handwerker und Mechaniker bis zum Computerfachmann und Architekt sollten Politiker und wir alle ansprechen, damit ihre geflüchteten Mitglieder nicht Opfer unseres politisch korrekten Egoismus werden.

In den Medien erfuhren wir, dass 270.000 Syrer mit Asylgewährung ihre Angehörigen nachholen können. Die Verlockung ist groß, und „Familienzusammenführung“ klingt gut und christlich. Konkret bedeutet dies jedoch nach Auskunft der BAMF, dass mindestens 500.000 Menschen zu uns nach Deutschland kommen werden. Wenn sich andere europäischen Länder dieser Einladung anschließen, bedeutet dies konkret, dass im Laufe der Zeit ganze Landstriche in Syrien, im Irak und in afrikanischen Ländern menschenleer werden und veröden. Dies verdrängt der Exportweltmeister.

Ich frage mich, welche politische Partei und welche Kirchenfürsten denken in dem Sinne über eine Ausbildung und Weiterbildung nach, um das Heimatgefühl der Flüchtlinge zu unterstützen, welches sie innerlich aufruft und befähigt, sich nach der Rückkehr in ihre Heimat unter vielerlei Hinsicht am Neuaufbau zu beteiligen. Es liegt an uns, wie wir den Gedanken einer „Kultur der Heimkehr“ emotional-ehrlich sowie praktisch-konkret in die deutsche Gesellschaft und auch in die Flüchtlingsfamilien einpflanzen. Freilich wird eine milliardenschwere profitorientierte Integrationsindustrie eine „Kultur der Heimkehr“ nicht unterstützen.

Bei der Vorbereitung meines Newsletters begegnete ich einem Bericht, der genau in meine Gedanken passt. Seit dem 8. Mai 2017 beginnt in drei irakischen Städten der Wiederaufbau. 13.000 Häuser sind beschädigt oder völlig zerstört. Die Organisation „Kirche in Not“ begleitet den Neuanfang finanziell und mit Beratern vor Ort. Ich bin überzeugt, dass Menschen, die aus der irakischen Ninive-Ebene nach Deutschland geflüchtet sind, in ihrer Heimat wieder Wurzel schlagen können und wollen. Deutsche Politiker aller Parteien sowie christliche Gemeinden und andere Institutionen sollten Flüchtlinge ermuntern und finanziell unterstützen, damit sie einen Neuanfang wagen. Sicher sind in der Heimat alle Berufe gefragt. Mit viel Phantasie und Herz pflegten und pflegen tausende Deutsche die „Willkommenskultur“. Ich denke, dass wir ebenfalls Phantasie und Herz entwickeln können für eine „Kultur des Abschieds und der Heimkehr“.

Mit freundlichem Gruß
Wilfried Puhl-Schmidt

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